Moskau – Jekaterinburg
22 04 2015+++ Im „Rossija-Express +++ Überquerung der Wolga +++ Durch den Ural +++ Grenze Europa-Asien
So, ich habe Moskau verlassen und bin nach Jekatarinburg gereist. Ich bin dann doch ganz froh, dass stressige Napoleon-Hostel verlassen zu haben. Vorgestern Abend habe ich dort Anna aus Graz kennengelernt, sie besucht eine Freundin, die in Moskau heiratet. Anna sprach fließend Russisch und Dank ihrer Hilfe kam ich mit einigen Russen ins Gespräch. Das Hostel entpuppte sich derweil als billige Absteige für russische Arbeiter, die aus dem ganzen Land nach Moskau kommen. Auf meine Frage, was sie denn hier machen, war die Antwort stets dieselbe: Business.
Gegen ein Uhr Nachts begebe ich mich ins Bett, nachdem Personal und Gäste durch den Konsum von Alkohol nicht mehr auseinanderzuhalten sind. Kurz vor Mitternacht schlägt noch ein Gast an der Rezeption auf (die Rezeption ist gleichzeitig auch der Aufenthaltsraum!). Frage des Gastes: „Do you have a free bed for this night?“. Antwort der Rezeptionistin: Rülps!
Kurz vor 12 Uhr Mittags bin ich dann zum GUM-Kaufhaus gelaufen, in dessen Nähe sich die Metrostation „Ochodny Ryad“ befindet. Von hier war es nur noch eine kurze Fahrt zur „Komsomolskaya“, wo sich der Jaroslawler Bahnhof befindet. Zum Glück hatte ich gestern bereits alles erkundet, denn neben dem erwähnten Bahnhof sind hier auch noch der Kasaner – und der Leningrader Bahnhof angesiedelt. Alles ziemlich unübersichtlich. Entdeckung des Tages: Mit einem gültigen Zugfahrschein darf man kostenlos am Bahnhof auf die Toilette. Mega!
Am Bahnhof war ich noch schnell in einem Produktiy, einer Art Supermarkt. Meine Lebensmittelvorräte habe ich um Bier, Wurst, Käse und Chleb ergänzt. Anschließend zum Gleis, „Wladiwostok“ stand dran. Ziemlich abgefahren.
Ich bin mit dem legendären „Rossija“-Express gefahren, alles sehr sauber und das Personal ist sehr freundlich (nicht so eine alte Schlafwagen-Hexe wie von Prag nach Moskau). Mein Abteil teilte ich mir mit einer russischen Mutter und ihren ungefähr fünfjährigen Zwillingen. Da ich außer ein paar Worten kein Russisch und sie nur Russisch konnte, fiel die Konversation ziemlich mager aus.
Im Zug bekam jeder Fahrgast der zweiten Klasse auch ein kleines Menü ins Abteil serviert. Neben einer Wasserflasche und Plastikbesteck (praktisch), gab es Schokokekse, Bonbons und Joghurt. Vielleicht ist der Begriff Menü von der Russischen Staatsbahn hier etwas zu hoch angesetzt.
Die Russen mögen es in ihren Zügen warm, dass habe ich bereits auf dem Weg von Prag nach Moskau gemerkt. Im jetzigen Zug beträgt die Innentemperatur des Waggons 35 Grad Celsius, fein säuberlich von einer Digitalanzeige am Waggonende vermerkt. Das ist für einen Mitteleuropäer deutlich zu warm. Den Russen scheint es aber zu gefallen. Überhaupt wird sich, sobald der Zug fährt, im Abteil häuslich eingerichtet. Nahezu jeder Fahrgast hat extra dafür einen Jogging-Anzug und Hausschuhe dabei. Kleider werden an bereitgestellten Bügeln aufgehangen und danach der Tisch gedeckt. Nach einer halben Stunde sieht das Abteil aus wie ein Wohnzimmer. Heißes Wasser aus dem Samowar bekommt man rund um die Uhr, kleine Snacks dazu auch. Aber das Beste ist: Wer seine Hausschuhe vergessen hat, kann bei der Schaffnerin welche kaufen !
Zweimal kehrte ich im Speisewagen ein, dem Wagon-Restoran. Essen sehr lecker, aber etwas teuer, so ungefähr Moskauer Preisniveau. Zum Abendbrot gabs Soljanka und Lachsfilet mit Kartoffeln und Paprika, dazu Baltika-Bier. Hierbei ist anzumerken, dass „Lachsfilet“ nicht ohne Gräten bedeutet, sondern lediglich, dass der Fisch vor der Auslieferung an den Gast in mehrere Teile geschnitten wurde. Fertig ist das Filet!
Am Fenster zogen endlose russische Sumpflandschaften, hier und da unterbrochen von kleinen Dörflein, vorbei. Stundenlang erschien auch gar keine Ortschaft im Sichtfeld. Die größten Städte waren Wladimir, Nischnij Nowgorod und Perm. In Nischnij Nowgorod überquerte ich die Wolga (leider im Dunkeln, deshalb keine Bilder). Gleich nach dem Bahnhof Perm (20 Minuten Rauchpause) begann die Durchquerung des Ural-Gebirges. Das war ziemlich unspektakulär, die Landschaft war eher etwas hügelig, vergleichbar mit einem Mittelgebirge in Deutschland. Die Anzahl der an der Bahnlinie entlang verstreuten Holzhäuser hat deutlich zugenommen, größtenteils liegt jetzt auch Schnee entlang der Strecke.
Bei Streckenkilometer 1777 (von Moskau aus gesehen) überquerte ich die mehr oder weniger offizielle Grenze zwischen Europa und Asien. Ein Obelisk markiert hier die Trennung der Kontinente. Ich habe somit Europa verlassen. Im Anschluß folgte eine weitere Zeitumstellung: Von Moskauer Zeit auf, hmm, sagen wir „Jekatarinburger“ Zeit: Zwei Stunden vor. Zum Abschied schenkte mir die Mutter aus meinem Abteil noch etwas Hackfleisch und ein kleines Brot – vielen Dank!
Euer Olli
Auf dieser Etappe zurückgelegte Entfernung: 1816 Kilometer
Hallo Olli,
vielen Dank für deine Karte aus Prag!Hast ja schon eine Menge erlebt-weiter so-wir werden deine Reiseerlebnisse weiter interessant verfolgen-alles Gute und viel Glück auf deiner weiteren Route wünscht dir Gabi,Jörg und Sven!
Hi Oliver,
super dass es dir gut geht! Morgen fahr ich auch aus Moskau weg aber Richtung Kaukasus! Das „Dorf bei Perm“ hat mich überascht, hatte keine Vorstellung dass es sowas noch in Russland gibt. Obwohl ich hab ja niemals so weit Richtung Sibirien gefarn..
LG,
Rudolf